Persönliche Erklärung von Josephine Ortleb zum Abstimmungsverhalten nach § 31 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zum TOP 15 Reg.Entwurf zur Anpassung des Verfassungsschutzrechts und TOP 16 Reg.Entwurf Modernisierung der Rechtsgrundlagen der Bundespolizei am 10.06.2021
Der Deutsche Bundestag hat heute in 2./3. Lesung zwei unterschiedliche Gesetzentwürfe verabschiedet: Die Modernisierung der Rechtsgrundlagen der Bundespolizei und die Anpassung des Verfassungsschutzrechts.
Zum Verfassungsschutzgesetz:
Die vorgesehenen Regelungen sollen dem Bundesamt für Verfassungsschutz, die Instrumente in die Hand geben, um effektiver gegen Extremisten und Verfassungsfeinde in der analogen und in der digitalen Welt vorgehen zu können. Es geht bei diesem Gesetzentwurf ausdrücklich und insbesondere um die bessere Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus. Wenn unsere Demokratie wehrhaft sein will, brauchen wir wirksame Instrumente als Frühwarnsystem. Nur wenn wir die Angreifer der Demokratie kennen, können wir wirksam gegen sie vorgehen. Und notwendig ist das digital genauso wie analog. Eine gute Aufklärung schwerer Bedrohungen braucht zeitgemäße Befugnisse. Wenn die Angreifer der Demokratie Messengerdienste nutzen, haben die Behörden wenig davon, nur Telefongespräche abzuhören. Gleichzeitig ist die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste für mich von besonderer Bedeutung. Diese müssen wir als Parlamentarier:innen weiter stärken und einfordern.
Die Quellen-TKÜ für die Nachrichtendienste soll diese Lücke schließen, damit digitale Kommunikation von Extremisten über Messengerdienste aufgeklärt werden kann. Der Verfassungsschutz soll damit die Kommunikation ab dem Zeitpunkt anschauen können, ab dem er die Erlaubnis dazu erhalten hat. Auch der Verfassungsschutz braucht für jede Überwachung eine ausdrückliche Anordnung (und damit Prüfung) durch die G10-Kommission. Was die Mitwirkungspflichten der Telekommunikationsunternehmen angeht, hat die SPD klargestellt, dass diese nicht verpflichtet sind, die Verschlüsselung aufzuheben. Abgewehrt haben wir außerdem den Wunsch von CDU/CSU nach der Onlinedurchsuchung. Unsere Leitlinie war, dass wir analoge Befugnisse auch digital möglich machen wollen. Aber wir als SPD wollen keine Behörden, die in der digitalen Welt etwas darf, was ihnen in der analogen Welt nicht erlaubt ist. Wichtig ist, dass die Kontrolle von TKÜ-Maßnahmen durch die G10-Kommission verbessert werden: Mehr Befugnisse nur gegen mehr Kontrolle! Zudem gibt es künftig eine regelmäßige Berichtspflicht über die Anwendung der Quellen-TKÜ gegenüber dem Parlamentarischen Kontrollgremium und den Auftrag, der G-10-Kommission weiteres Personal zur Verfügung zu stellen. Damit stärken wir die parlamentarische Kontrolle.
Zum Bundespolizeigesetz:
Über 50.000 Bundespolizistinnen und Bundespolizisten sorgen für unsere Sicherheit an den deutschen Grenzen, an den Flughäfen und Bahnhöfen und leisten dabei eine wichtige Arbeit.
Die vorgesehenen Änderungen stellen ganz konkrete Verbesserungen für ihre tagtägliche Arbeit und die Polizeipraxis dar. Ziel des Einsatzes der Quellen-TKÜ ist die Bekämpfung von organisierter Kriminalität, nämlich Schleuserkriminalität und Menschenhandel. Im Gegensatz zum BKA ist der Einsatz der Quellen-TKÜ für die Bundespolizei auf diese Verbrechensformen begrenzt. Rein technisch gesehen erhält die Bundespolizei bei der Quellen-TKÜ die gleichen Befugnisse wie das Bundeskriminalamt, es wird also kein neues Instrument geschaffen. Mit der Quellen-TKÜ wird die aktuell laufende Kommunikation mitgelesen, vergleichbar mit dem Abhören von Telefongesprächen. Einen Zugriff auf gespeicherte Inhalte, also eine Onlinedurchsuchung, wird es nicht geben. Eine Richterin bzw. ein Richter darf eine TKÜ und Quellen-TKÜ nur anordnen, wenn dies zur Abwehr einer dringenden Gefahr geboten ist. Zum Beispiel für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes. Oder einer dringenden Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt.
Damit ist der Anwendungsbereich eng begrenzt und die richterliche Anordnung ist eine wichtige rechtsstaatliche Kontrolle, damit so ein Instrument gerade nicht willkürlich eingesetzt werden kann.
Aus den genannten Gründen und unter Abwägung der Balance aus Befugnissen und deutlich stärkeren Kontrollmechanismen stimme ich dem Gesetz mit meiner Fraktion im Rahmen der derzeitigen Mehrheits- und Koalitionsverhältnisse zu.